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65 Jahre apetito: Wolfgang Düsterberg im Interview

„Wichtig ist, das gute Miteinander zu erhalten und auszubauen“

Im Interview mit Wolfgang Düsterberg, Ehrenvorsitzender der apetito Aufsichtsgremien, spricht er zum Anlass des apetito Geburtstags über die Vergangenheit und die Anfänge des Unternehmens aus Rheine. Aber auch über die Zukunft, welche Chancen und Herausforderungen apetito zu bewältigen hat. Dabei hat der unternehmerische und zwischenmenschliche Zusammenhalt zwischen Inhaberfamilie und Mitarbeitenden schon immer eine große Rolle gespielt.
Wolfgang Düsterberg - Ehrenvorsitzender der apetito Aufsichtsgremien
Wolfgang Düsterberg, Ehrenvorsitzender der apetito Aufsichtsgremien.

apetito feiert in diesem Jahr den 65. Geburtstag – Ihr Vater hatte das Unternehmen am 1. April 1958 gegründet. Was sind Ihre frühesten/ersten Erinnerungen an apetito?

Wolfgang Düsterberg: Kurz bevor apetito gegründet wurde, hat mein Vater mich durch den alten Schlachthof an der Münsterstraße in Rheine geführt. Den wollte er umbauen für die Fertigung von Tiefkühl-Fertigmenüs. Ich war damals 12 Jahre alt. Den Gründungsprozess habe ich als Schüler weniger verfolgt; mich hat aber immer interessiert, was mein Vater gemacht hat. Ich kann mich noch erinnern, wie der Name apetito entstanden ist: Wir waren beim Essen, da klingelte das Telefon und ein guter Freund meines Vaters, Egon Senger, rief an. Der sagte: „Ach, du isst. Bon apetito Carlo!“ Und da hat mein Vater gewusst: Mensch, das ist der Name der Firma – apetito. Es war allerdings noch ein längerer Prozess, bis der Name sich etabliert hat. Denn wenn ein solcher Name aus einer lebenden Sprache kommt, muss er erst einmal an Durchsetzungskraft gewinnen. Es brauchte einige Jahre, bis der Markenname apetito geschützt werden konnte.

Was sind aus Ihrer Sicht wesentliche Meilensteine in der Unternehmensgeschichte, die prägend waren für den Unternehmenserfolg? Was waren auch Ihre Herzensthemen?

Wolfgang Düsterberg: Ein ganz wesentlicher Aspekt war, dass mein Vater immer Wert darauf gelegt hat, ein gutes Verhältnis zu den Mitarbeitenden zu entwickeln und gemeinsam mit ihnen die Firma aufzubauen. Ein Meilenstein war sicherlich, dass mein Vater die Erkenntnis entwickelte, dass man damals nicht einfach Tiefkühlfertiggerichte in Supermärkten verkaufen konnte. Es gab auch kaum Tiefkühltruhen und wenn, dann wurde dort nur Gemüse und Obst angeboten. Mein Vater erkannte dann aber, dass Firmen versorgt werden mussten, um den Beschäftigten dort ein Mittagessen anzubieten. So waren die ersten Kunden die Ölwerke in Lingen und die Westfalen AG in Münster, letztere ist bis heute unser Kunde. Als nächstes wurde der Markt Kindertagesstätten entwickelt. Dort wurde ein System mit Kochbeuteln eingesetzt. Daraus wiederum wurde gemeinsam mit dem Roten Kreuz in Berlin im Jahr 1971 das Essen auf Rädern entwickelt. Dabei wurden die einzelnen Komponenten in Beuteln verschweißt aus dem Tiefkühlzustand in heißem Wasser zubereitet. Der nächste große Schritt war dann die Internationalisierung, beginnend mit den Niederlanden und Großbritannien, um dann über weitere Länder bis hin nach Kanada und USA das Geschäft auszubauen. Zuletzt haben wir ja noch Dänemark hinzugenommen. Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre habe ich schon erkannt, dass das Thema Umwelt immer wichtiger wird. Ein sichtbares Symbol dafür war, dass wir als eines der ersten Unternehmen hier in Rheine eine Windkraftanlage gebaut haben. Ich glaube, diese so genannte Großwindanlage hatte damals 65 kw, heute ist Megawatt die Einheit.

1958_apetito Verkaufsflyer
Verkaufsflyer von 1958, dem apetito Gründungsjahr.

Vom Kleinunternehmen zum familiengeführten Konzern  Warum ist apetito aus Ihrer Sicht so erfolgreich?

Wolfgang Düsterberg: Zum einen ist das gute Verhältnis zu den Mitarbeitenden entscheidend für diesen Erfolg. Zum zweiten war mein Vater immer schon beratungsaffin. Er hat sich in unterschiedlichen Bereichen von Experten beraten lassen, weil er immer alles von der Pike aufbauen musste. Später hat er beispielsweise für den Markt Essen auf Rädern einen extern besetzten Beirat berufen, der ihm als Sparringspartner diente. Und als 3. Punkt möchte ich das Verhältnis zwischen Familie, Aufsichtsrat, Vorstand und den Mitarbeitenden nennen, welches uns immer wichtig war und ist. Bis heute – auch in der 3. Generation – funktioniert der Austausch untereinander sehr gut. Das ist im Familiendenken fest verankert.

Was ist aus Ihrer Sicht heute die größte Herausforderung für die apetito Firmengruppe?

Wolfgang Düsterberg:
Die größte Herausforderung ist, die richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das weitere Wachstum zu finden. Und das Verhältnis von Eigenkapital zu den erheblichen Investitionssummen, die nötig sind, in Zukunft in Einklang zu bringen. Wir möchten unser Wachstum so weit wie möglich aus eigenen Mitteln bewältigen können, um auch bei Stürmen wie Inflation, Corona oder Ähnlichem Durststrecken gut zu überstehen.

Und was ist die größte Chance?

Wolfgang Düsterberg:
Alles unter einen Hut zu bekommen, um für die Zukunft gewappnet zu sein. Unsere Märkte haben noch sehr viel Potenzial, die Chancen für die Zukunft sind riesig. Da müssen wir uns wirklich anstrengen, um das bewältigen zu können. Märkte wie Kindertagesstätten, Senioreneinrichtungen, Krankenhäuser sind erst angekratzt. Wenn wir die richtigen Mitarbeitenden haben, die richtigen Ideen und wenn wir das alles auch finanzieren können, dann haben wir eine sehr gute Zukunft. Wir sehen heute bei einigen Wettbewerbern, dass sie nicht mehr alle gesetzlichen Anforderungen erfüllen und die Erwartungen der Kunden kaum bewältigen können, weil sie nicht die richtigen Entwicklungskräfte haben. Das zeigt, es gibt große Herausforderungen. Wir müssen also auch ein attraktiver Arbeitgeber sein, weil wir viele Spezialisten benötigen, Mitarbeitende, die mit Herzblut versuchen, unsere Herausforderungen in den Märkten zu lösen.

Die 3. Generation hat über die Aufsichtsgremien nun das Ruder übernommen. Was raten Sie Ihren Söhnen, Neffen und Ihrer Nichte in Sachen Unternehmensführung?

Wolfgang Düsterberg:
Das gute Miteinander zu erhalten und auszubauen. Und gemeinsam mit den Externen und den Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsgremien das Unternehmen weiterzuentwickeln. Es ist wichtig, die Kultur weiter im Familiensinn zu beeinflussen – gemeinsam mit den Mitarbeitenden.

Wenn Sie drei Dinge benennen, die apetito besonders macht – welche sind das?

Wolfgang Düsterberg:
Ich glaube, das Wesentliche ist, das hervorragende Verhältnis zu unseren Mitarbeitenden weiter zu pflegen. Und offen zu sein, für Verbesserungsvorschläge und Kritik von außen. Und weiter innovativ zu sein, um die Erwartungen in unseren Märkten zu erkennen und möglichst zu übererfüllen. Denn wir wollen weiter Marktführer sein, Innovatoren und Gestalter unserer Märkte.

In welcher Rolle sehen Sie sich in der Zukunft von apetito?

Wolfgang Düsterberg:
Als interessierter Begleiter der 3. Generation und der gesamten Entwicklung des Unternehmens apetito.


Vielen Dank für das Interview, Herr Düsterberg.

Artikel vom 28.07.2023